Der Québecer Autor Guillaume Corbeil ist mit dem Autorenpreis des Saarbrücker Festivals frankophoner Gegenwartsdramatik Primeurs ausgezeichnet worden. Sein Stück Man sieht sich (Nous voir nous, Cinq visages pour Camille Brunelle) hat das Publikum in der Übersetzung von Frank Heibert und in Christopher Haningers Werkstattinszenierung für das Saarländische Staatstheater für sich eingenommen. Das Festival ehrte bereits zum dritten Mal ein Theaterstück aus Québec.
Guillaume Corbeil war in Saarbrücken anwesend und konnte den mit 3000 Euro dotierten Preis, der vom Saarländischen Rundfunk und vom Verein der Freunde des Saarländischen Staatstheaters gestiftet wird, persönlich entgegen nehmen. Sein Stück setzt sich mit aktuellen Themen im digitalen Zeitalter von Facebook, Twitter & Co. auseinander. „Der formal hoch spannende Text über fünf Menschen, die sich über ihre jeweiligen Facebook-Profile und endlose 'Gefällt mir'-Listen vorstellen, entwickelt sich zur makabren Demaskierung einer an der Oberfläche erstarrten Gesellschaft," wie das Theater in einer Pressemitteilung schreibt.
„Facebook ist ein so reiches Thema“, sagt Guillaume Corbeil. „Das Netz zwingt uns, uns fundamentale Fragen über unsere Gesellschaft zu stellen: Was heißt es zu leben? Wo leben wir? Wer sind wir? Man sieht sich ist auch ein Stück über den Verlust der Sprache. Wir klicken bei Facebook ‚Gefällt mir’ und tauschen auf Youtube Videos aus. Man liebt, aber man hat sich nichts zu sagen und definiert sich über die Worte der Anderen.“
Man sieht sich gehörte 2012 zu den Siegern des Wettbewerbs „Neue Theaterstücke aus Kanada“, der von der Botschaft von Kanada und der Vertretung der Regierung von Québec ausgelobt wurde. Das Centre des auteurs dramatiques (CEAD) und der Conseil des arts et des lettres du Québec (CALQ) förderten die Übersetzung ins Deutsche.
Guillaume Corbeil, der 1980 in Coteau-Station in der Nähe von Montréal geboren wurde, hat 2008 eine Sammlung mit Kurzgeschichten unter dem Titel L’art de la fugue veröffentlicht; er wurde als Kandidat für den Prix du Gouverneur général in Kanada gehandelt und ist mit dem Prix Adrienne Choquette ausgezeichnet worden. Sein erster Roman Pleurer comme dans les films ist im September 2009 erschienen. Außerdem verfasste er eine Biografie des Québecer Regisseurs André Brassard. 2011 hat er das Studium Szenisches Schreiben an der École nationale de théâtre du Canada abgeschlossen.
Die 7. Ausgabe von Primeurs fand vom 13. bis 16. November 2013 statt. Das Festival präsentierte insgesamt sechs aktuelle Theaterstücke. Drei Stücke kamen aus Québec, die erstmals als Werkstattinszenierungen in deutscher Sprache gezeigt wurden. Alle drei Québecer Autoren waren auf dem Festival persönlich anwesend. Neben Corbeils Stück waren Die Sinflut danach / Le Déluge après von Sarah Berthiaume und Billy (Brüllende Tage) / Billy (Les jours de hurlement) von Fabien Cloutier zu sehen.